Kann präventive Kardiologie das Herzinfarktrisiko senken? – Methoden, Strategien & Interventionen
Koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt oder Herzinsuffizienz – die Kardiologie befasst sich mit einer Reihe verschiedener Erkrankungen, von denen ein hohes Gesundheitsrisiko ausgeht. Laut Statistischem Bundesamt ist das Herz bei einem hohen Prozentsatz der Todesfälle in Deutschland beteiligt. Dabei lassen sich viele Herzerkrankungen früh erkennen und behandeln – gezielte Prävention kann das Auftreten von Herzinfarkt und Co. verringern.
In diesem Artikel wird es um die Frage gehen, inwiefern die präventive Kardiologie in der Lage ist, das Herzinfarktrisiko zu senken und Herzerkrankungen zu verhindern.
Was ist präventive Kardiologie?
Prävention spielt in allen Gesundheitsbereichen eine Rolle – so auch in der Kardiologie. Ein Aspekt sind Änderungen des Lebensstils, bei denen Sie als Patient selbst gefragt sind. Auf der anderen Seite stehen bildgebende Verfahren zur Untersuchung des Herzens. Herzerkrankungen, die keine oder kaum spürbare Symptome verursachen, stellen ein hohes Risiko dar, weil Betroffene oft selbst nicht wissen, dass mit ihrem Herzen etwas nicht in Ordnung ist. Mithilfe verschiedener bildgebender Verfahren spürt die Radiologie diesen Erkrankungen nach und liefert den Input, der Kardiologen bei der gezielten Prävention weiterhilft.
Der Begriff präventive Kardiologie steht für den Ansatz, Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch geeignete Maßnahmen zu verhindern. Dazu kombiniert die Medizin verschiedene Maßnahmen, die letztlich zusammenwirken. Neben dem Risikofaktorenmanagement (Bluthochdruck, Cholesterinspiegeln oder Diabetes) und der Aufklärung geht es um Lebensstiländerung (mehr Sport, angemessene Ernährung) und Screenings über bildgebende Verfahren in der Radiologie.
Risikofaktoren für Herzinfarkte
Das Risiko für ein Auftreten kardiologischer Probleme kann mit verschiedenen Risikofaktoren in Verbindung gebracht werden. Einige Faktoren lassen sich nicht beeinflussen. Dazu gehören beispielsweise das Alter oder genetische Faktoren. Kardiologische Prävention liefert allerdings Einblicke in das Vorhandensein genetischer Morbiditätsfaktoren und ermöglicht damit ein engmaschiges Screening. Sehr viele andere Risikofaktoren sind durchaus präventiv steuerbar.
Bluthochdruck (Hypertonie)
Einer der einflussreichen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist der Blutdruck. Normal sind bei Erwachsenen Werte bis 129/84 mmHg, als zu hoch gilt der Blutdruck ab 140/90 mmHg. Die Zone dazwischen wird als hoch-normaler Blutdruck bezeichnet. Statistische Untersuchungen sprechen von circa einem Drittel der Erwachsenen in Deutschland, bei denen der Blutdruck zu hoch ist. Einfluss darauf haben Ernährung, Bewegungsmangel sowie ein hoher Alkoholkonsum und der Genuss von Tabak.
Hyperlipidämie
Zu hohe Cholesterinwerte (LDL-Cholesterin) können das Risiko für die koronare Herzkrankheit und den Herzinfarkt begünstigen. Als empfohlen gelten Werte unter 200 mg/dL Gesamtcholesterin bzw. beim LDL-Cholesterin (Low-Density Lipoprotein) unter 100 bis 129 mg/dL. Alles darüber ist zu hoch.
Übergewicht
Übergewicht und Adipositas haben Einfluss auf das Risiko, von verschiedenen Erkrankungen betroffen zu sein. Neben dem Infarktrisiko steigt auch das Risiko für Diabetes, Schlaganfällen oder Mobilitätseinschränkungen. Bestimmt wird der Schweregrad über den BMI (Body Mass Index). Ab einem BMI von 25 wird von Übergewicht gesprochen. Patienten mit einem BMI jenseits der 30 gelten als adipös. In Deutschland trifft Übergewicht auf mehr 60 Prozent der männlichen Bevölkerung zu.
Diabetes mellitus
Diese Stoffwechselerkrankung ist durch erhöhte Blutzuckerwerte (Hyperglykämie) gekennzeichnet. Typ-2-Diabetes ist auch durch den Lebensstil beeinflussbar. Das Vorliegen von Diabetes beeinflusst verschiedene Stoffwechselprozesse und hat negative Auswirkungen auf die Gefäßgesundheit. Zusätzlich beeinflusst die sogenannte „Zuckerkrankheit“ auch die Pumpleistung des Herzens.
Rauchen
Der Genuss von Tabak ist in verschiedener Hinsicht ein ernstzunehmender Risikofaktor. Dies gilt nicht nur in Bezug auf den Herzinfarkt. Das Rauchen begünstigt ebenso die Entstehung von Schlaganfällen. Außerdem gilt ein hoher Anteil der Lungenkrebserkrankungen als vermeidbar, wenn auf das Rauchen verzichtet wird. Schädigend wird der Tabakrauch unter anderem durch eine Schädigung des Endothels der Blutgefäße. Zudem erhöht er die Entzündungsmarker und wirkt sich nachteilig auf den Blutdruck aus.
Alkohol
Das Glas Rotwein gilt als gut fürs Herz. Was sich hartnäckig als Klischee hält, ist bei mehr als zwei Standardgetränken pro Tag bei Männern bzw. einem Standardgetränk pro Tag bei Frauen zu viel. Alkoholmissbrauch wirkt sich auf das Infarktrisiko aus und kann unter anderem eine chronische Erhöhung des Blutdrucks auslösen, zu Herzrhythmusstörungen führen oder die Alkohol-Kardiomyopathie begünstigen. Zusätzlich gehört das Auftreten einer Herzinsuffizienz zu den Risiken, die chronisch-exzessiver Alkoholkonsum mit sich bringt.
Stressfaktoren
Stress begünstigt das Auftreten kardiovaskulärer Erkrankungen durch verschiedene Stellschrauben. Auf der einen Seite erhöhen sich bei Stress Herzfrequenz und Blutdruck. Außerdem schüttet der Körper Stresshormone aus – insbesondere Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol. Auf Dauer können diese Stresshormone die Gefäßgesundheit nachteilig beeinflussen. Außerdem wirken sie auf den Fettstoffwechsel.
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Strategien der präventiven Kardiologie
Die präventive Kardiologie setzt auf verschiedene Strategien, um das Risiko für einen Herzinfarkt zu verringern. Dabei lassen sich zwei Bereiche unterscheiden:
- Primärprävention, um das Auftreten von Risikofaktoren zu verhindern
- Sekundärprävention, um bei bestehenden Risikofaktoren das Erkrankungsrisiko zu steuern.
Im Rahmen der Primärprävention setzt die präventive Kardiologie fünf Strategien bzw. Säulen ein:
- Ernährung: Das Credo lautet hier abwechslungsreich und ausgewogen. Obst, Gemüse, Vollkornprodukte sowie Proteine (Geflügel oder Fisch) und gesunde Fette stehen dabei im Mittelpunkt. Zucker oder Salz und trans-Fettsäuren (TFS) sind dagegen zu vermeiden.
- Bewegung und Aktivität: Sich regelmäßig zu bewegen, körperlich aktiv zu sein und Sport zu treiben, verbessert das Risiko bezüglich Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Außerdem hilft Sport beim Stressabbau. Bereits 150 Minuten moderate Aktivität pro Woche gelten als hilfreich und haben in der präventiven Kardiologie ihren Nutzen.
- Rauchstopp: Ein konsequenter Rauchstopp gilt als wichtige Säule im Hinblick auf Strategien in der präventiven Kardiologie. Beratung und Nikotinersatztherapien sind zwei Möglichkeiten, um dieses Ziel zu erreichen und das Entstehen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verhindern.
- Stress-Management: Hier werden nicht nur die Nerven geschont. Wenn Sie aktiv Maßnahmen zur Stressreduktion ergreifen, profitiert davon langfristig auch die Herzgesundheit. Neben Yoga oder Meditation eignen sich hier Atemübungen und Sport. Parallel ist zu empfehlen, die Stressursachen proaktiv anzugehen.
- Präventionsdiagnostik: Grundsätzlich sollten wichtige Parameter wie der Blutdruck oder Blutfettwerte untersucht werden. Parallel lassen Sie, gerade bei bestehendem Übergewicht, bestenfalls auch die Blutzuckerwerte kontrollieren. Über bildgebende Verfahren lässt sich zusätzlich der Zustand Ihrer Blutgefäße beurteilen.
Liegen bereits Risikofaktoren vor, ist ein Screening eine Möglichkeit, früh Verschlechterungen zu erkennen und therapeutisch entgegenzuwirken. Hier sind auch verschiedene radiologische Verfahren im Einsatz, mit denen sich beispielsweise der Durchfluss in Ihren Blutgefäßen beurteilen lässt. Dazu gehören CW-Doppler oder Color-Doppler-Untersuchungen sowie die Duplex-Sonographie.
Medizinische Interventionen in der präventiven Kardiologie
Mithilfe der Lebensstilmodifikation setzt die präventive Kardiologie an den Risikofaktoren und deren Vermeidung an. Im Rahmen der Sekundärprävention wird unter anderem medikamentös versucht, das Risiko zu steuern. So kann bei einem erhöhten Cholesterinspiegel mit Statinen eine Senkung erreicht werden, um das kardiovaskuläre Risiko zu verringern. Da Blutdruck ein wichtiger Risikofaktor ist, setzt die präventive Kardiologie über blutdrucksenkende Mittel wie ACE-Hemmer, Angiotensin-II-Rezeptorblocker oder Beta-Blocker an diesem Punkt an. Durch die Blutdrucksenkung schonen die Medikamente Ihre Blutgefäße. Zusätzlich ist bei Diabetes eine entsprechende Behandlung nötig – durch Antidiabetika, SGLT-2-Inhibitoren oder die Gabe von Insulin.
Begleitet wird die Prävention von einem Screening, das Risiken für einen Herzinfarkt im Auge behält. Unter anderem kommen Blutdruck-Messungen, die Überprüfung des Cholesterin- und Lipidprofils sowie die Messung des Blutzuckerspiegels zum Einsatz. Eine weitere Screening-Methode ist das EKG. In regelmäßigen Abständen wird zudem mit der Ultraschallkardiographie das Herz untersucht.
Mithilfe eines CT-Scans lässt sich auch die Koronarverkalkung bestimmen, der sogenannte “Calcium-Score”. Je höher der Koronarkalzifikationsgrad ist, desto höher wird auch das Risiko für ein akutes koronares Ereignis. Über eine Angiographie im MRT bzw. ein Herz-MRT lassen sich zusätzlich Fragestellungen zur kardiologischen Prävention in einem unserer 27 Standorte klären.
Wirksamkeit der präventiven Kardiologie
In der präventiven Kardiologie kommen sehr unterschiedliche Methoden zum Einsatz. Beispielsweise liefert eine Umstellung der Ernährung in Richtung einer pflanzenbasierten Diät positive Impulse. Das Weglassen gesättigter Fettsäuren, von Salz und hochverarbeiteten Lebensmitteln verbessert die Risikofaktoren ebenfalls.
Verschiedene Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass die Lebensstilfaktoren in der Summe – also eine Verringerung der Stressfaktoren, mehr Bewegung und die Vermeidung von Alkohol und Tabakrauch – eine deutlich Verringerung des Risikos für Herzinfarkt erreichen können. Aber: Die präventive Kardiologie stößt auch an Grenzen.
Sie ist in vielen Bereichen auf Ihre Mitarbeit als Patient angewiesen. Im Rahmen der Screenings besteht zudem immer die Herausforderung, mit Angstpatienten (Stichwort Klaustrophobie) konfrontiert zu werden, bei denen MRT-Scans mit besonderen Herausforderungen verbunden sind. In diesem Fall kann ein offenes MRT eine Lösung für klaustrophobische Patienten darstellen. Hinzu kommt, dass die Prävention gesundheitsökonomisch relevant ist. Untersuchungen und medikamentöse Therapien müssen bezahlt werden. Und nicht jede Untersuchung ist eine Kassenleistung.